GRIMME ONLINE AWARD 2023
Weshalb Übermedien unverzichtbar ist
Medien besser kritisieren
Boris Rosenkranz
Wenn wir gefragt werden, an wen wir uns mit „Übermedien“ richten, lautet die Antwort: An alle, die Medien nutzen, also tatsächlich: an alle! Weil jede*r Medien konsumiert, Tag für Tag, und diese Medien unser Bild von der Welt prägen: wie wir über bestimmte Dinge denken, wie und worüber wir als Gesellschaft debattieren.
Umso wichtiger ist es, dass es auch Journalist*innen gibt, die kritisch begleiten, was andere Journalist*innen so fabrizieren. Damit sich in den Redaktionen (hoffentlich) etwas ändert, und damit sich das Publikum ein Bild davon machen kann, wie Medien funktionieren. Wir hinterfragen und überprüfen deshalb Berichte über Klima, Corona, Flüchtlinge, befassen uns unter anderem mit Clickbait, Schleichwerbung, der Boulevardpresse. Und schauen genau hin, wenn es zum Beispiel um mögliche Interessenkonflikte geht, etwa eine zu große Nähe zwischen Medien und der Wirtschaft oder der Politik. Als neulich über Journalisten diskutiert wurde, die nebenbei für Ministerien arbeiten, haben wir versucht, diese Debatte mit gründlicher Recherche zu versachlichen, ganz ausgeruht. Während andere es möglichst laut skandalisierten.
„Übermedien“ ist kein Branchendienst, kein Fachportal, kein Blog, sondern ein Magazin, ein Internet-Magazin, ein Internet-Medienmagazin. Wie andere über Politik, Sport, oder Wirtschaft berichten, widmen wir uns eben Medien. Weil wir damals, im Gründungsjahr 2016, dem pauschalen „Lügenpresse“-Geschrei differenzierte und unabhängige Medienkritik entgegensetzen wollten: unabhängig von politischen Positionen, aber auch von Verlagen, Sendern, anderen Geldgebern. Auch Werbung gibt es bei uns nicht. Von Anfang an finanziert sich „Übermedien“ durch seine Übonnent*innen, derzeit sind es rund 8.000.
Medien tun sich in der Regel schwer damit, Kolleg*innen zu kritisieren. Weil sie befangen sind oder finden, es sei eine Art „Nestbeschmutzung“. Was eigenartig ist. Journalist*innen sollen die Politik kontrollieren – wer aber kontrolliert die Journalist*innen, wenn nicht: andere Journalist*innen? Wir machen uns deshalb frei von falschen Rücksichtnahmen. Und im Grunde ist es die Leidenschaft für guten Journalismus, der Menschen klüger macht, die uns fortwährend antreibt. Und andererseits der Ärger darüber, wenn Medien mal wieder Unsinn verbreiten oder Grenzen überschreiten.
„Übermedien“ wirkt mitunter schon als Korrektiv im Vorwege. Einfach, weil wir da sind und Journalist*innen meist wenig Lust haben, bei uns aufzutauchen. „Everyone loves it until they are on it“, lautet der Slogan des australischen TV-Medienmagazins „Media Watch“. Und dass professionelle Medienkritik notwendig ist, daran hat sich seit Gründung von „Übermedien“ nichts geändert, im Gegenteil: Sie wird immer wichtiger.
Zum Autor:
Boris Rosenkranz hat „Übermedien“ zusammen mit Stefan Niggemeier gegründet. 2017 wurde das Internet-Medienmagazin mit dem Bert-Donnepp-Preis für Medienpublizistik ausgezeichnet und war 2018 für den Grimme Online Award nominiert.
Foto: Übermedien
Dieser Artikel ist entstanden für die Publikation zum Grimme Online Award 2023. Sie finden die gesamte Broschüre zum Download auf den Seiten des Preises: